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»5 Fragen – 5 Antworten«: Dr. Jochen Müller verstärkt als neuer Leiter der Business Unit »Process, Device and Packaging Technologies« das Fraunhofer ENAS

Zum 1. April 2025 hat Dr. Jochen Müller die Leitung der Business Unit »Process, Device and Packaging Technologies« am Fraunhofer ENAS übernommen. Der promovierte Chemiker blickt auf eine erfolgreiche Karriere in leitenden Positionen bei namhaften Unternehmen der Halbleiter- und Automobilindustrie zurück – darunter Infineon, Kendrion und ThyssenKrupp. Er verfügt über langjährige Erfahrungen in globalen Managementrollen in der Prozessentwicklung, im Bereich Forschung und Entwicklung, im Vertrieb sowie in der Steuerung eines kompletten Halbleiter-Produktsegments. Zum Start seiner neuen Aufgabe verrät der gebürtige Kronacher im Interview, welchen Herausforderungen er in Zukunft erfolgreich begegnen möchte, was ihn bei seiner Arbeit motiviert und was ihm in der Zusammenarbeit besonders wichtig ist.

Im April 2025 hat Sie ihr beruflicher Weg von Villingen-Schwenningen in Baden-Württemberg nach Chemnitz und damit mitten hinein in das Herz des Bundeslandes, das als Mikroelektronik-Standort Nummer eins in Europa gilt, geführt. Was hat Sie dazu bewogen, an das Fraunhofer ENAS zu wechseln, um hier die Zukunft der Business Unit »Process, Device and Packaging Technologies« zu gestalten?

Das Fraunhofer ENAS als Teil der Fraunhofer-Gesellschaft mit ihren heute 76 Instituten und Forschungseinrichtungen genießt mit seiner wissenschaftlichen Exzellenz im Bereich smarter Systeme nicht nur national, sondern auch in der internationalen Forschungslandschaft und in der Industrie einen exzellenten Ruf. Vor allem die ausgeprägte Expertise des Instituts in der Front-End- und Back-End-Halbleiterbearbeitung – von Wafer-Prozessen und Technologien als Basis für die Entwicklung elektronischer Bauelemente, Sensoren und Aktoren bis hin zu deren Packaging – hat mich fachlich wie persönlich besonders angesprochen. Nicht nur, weil ich in diesen Bereichen langjährige Erfahrungen mitbringe, sondern auch, weil das Zusammenwirken dieser Prozesse komplexe, miniaturisierte und intelligente Systeme hervorbringt, die in nahezu allen Lebensbereichen unseres Alltags eine essentielle Rolle spielen. In Bereichen wie beispielsweise dem autonomen Fahren, der Medizintechnik oder bald auch auf dem Gebiet der Quantentechnologie sorgen sie dafür, dass unser Leben komfortabler, schneller und sicherer wird. An dieser Schnittstelle mitwirken zu können, ist eine spannende Perspektive.

Ein weiterer wesentlicher Punkt meiner Entscheidung, für das Fraunhofer ENAS tätig zu werden, liegt in der Kultur und im Miteinander am Institut. Ein offenes und aufgeschlossenes Mindset, geprägt von vielfältigen Perspektiven und Erfahrungen mit sich ergänzenden Kompetenzen sowie eine »Kultur des Machens« sind von unschätzbarem Wert, wenn es darum geht, schlagkräftige neue Ideen zu revolutionären Lösungen für die Welt von morgen zu entwickeln. Genau diese Mischung ist es, die Innovationen vorantreibt und Fortschritt gestaltet.

 

Wir leben in einer komplexen und hochdynamischen Welt, in der sich Märkte wandeln, neue Anforderungen entstehen und Innovationen immer schneller vorangetrieben werden. Welche Trends und Entwicklungen beobachten Sie, die für Ihre neue Position relevant sind?

Exemplarisch und stellvertretend für viele Trends und absehbare Veränderungen möchte ich zwei aktuelle Beispiele nennen:

Ein bedeutendes Trendthema im Bereich IT und Kommunikation ist das Quantencomputing, das in den vergangenen Jahren enorm an Dynamik gewonnen hat. Quantencomputer stehen zwar noch am Anfang ihrer Entwicklung, versprechen jedoch bereits heute, in wenigen Jahren die Grundlagen des Rechnens und der Informationsverarbeitung entscheidend zu verändern. Sie werden binnen Sekunden Antworten auf komplexe Fragen liefern, deutlich anspruchsvollere Rechenoperationen ausführen und enorme Datenmengen verarbeiten können – Aufgaben, für die heutige Computer erheblich mehr Zeit und Rechenleistung benötigen.

Ein weiterer großer Megatrend ist die Mobilität, die in den vergangenen Jahren einen tiefgreifenden Wandel im Automobilsektor erfahren hat. Der Übergang vom Verbrennungsmotor zum Elektromotor ist dabei nur eine der Veränderungen, die die Automobilbranche prägen. Auch das autonome Fahren, das sicheres und komfortables Reisen ermöglicht, verändert die Art, wie wir uns fortbewegen und Waren transportieren, grundlegend.

 

Wie kann das Fraunhofer ENAS diesen Trends erfolgreich begegnen?

Wichtig für uns als Fraunhofer ENAS ist, diese Trends zu verfolgen und zu bewerten, welche Herausforderungen und Chancen sich für uns als Institut daraus ergeben. Denn nichts ist beständiger wie der stetige Wandel. Für uns als Institut bedeutet das, dass bisher bewährte und etablierte Technologien in den nächsten Jahren in den Hintergrund treten können und neue, vielversprechende Lösungen bzw. Technologien und Applikationsfelder entstehen werden. An diesem Wandel, bei dem letztlich auch neue Märkte entstehen, aktiv teilzuhaben, wird eine der Herausforderungen für unser Institut und auch für mich innerhalb der Business Unit sein.

Solche Veränderungen und Trends frühzeitig zu erkennen und durch neue Ideen, Problemlösungen und Innovationen mitzugestalten, um zukunftsfähig zu bleiben und sich in einer dynamischen Marktlandschaft zu behaupten, wird daher eine meiner zentralen Aufgaben der kommenden Jahre sein. Denn nur wer flexibel bleibt und schnell auf Veränderungen reagiert, wird erfolgreich bleiben.

Im Bereich des Quantencomputings tragen wir beispielsweise mit neuartigen Technologien dazu bei, künftig deutlich kleinere, sparsamere und kostengünstigere Superrechner auf Basis von Quantentechnologien zu realisieren – und so Teil dieser neuen Computer-Ära zu werden.

Unsere Kompetenz bringen wir auch im Automotive-Bereich ein: Um sicheres, autonomes Fahren im Straßenverkehr zu ermöglichen und die Zukunft der Mobilität zu gestalten, spielen LiDAR-Technologien eine zentrale Rolle. LiDAR-Sensoren erfassen dabei ihre Umwelt hochpräzise, sodass Abstände zwischen Fahrzeugen und Objekten in Echtzeit erkannt und Hindernissen auf der Fahrbahn rechtzeitig ausgewichen werden können. Ein wichtiger Baustein solcher hochmodernen LiDAR-Systeme sind MEMS-Technologien (mikro-elektromechanische Systeme), die am Fraunhofer ENAS seit vielen Jahren entwickelt werden. Damit tragen wir als Institut auch zu dieser wichtigen Entwicklung im Bereich Mobilität und der Zukunft des Fahrens bei.

 

Was braucht es aus Ihrer Sicht neben der technologischen und wissenschaftlichen Expertise noch, um diese und ähnliche Herausforderungen als Institut zu meistern?

Aus meiner Sicht ist eines besonders wichtig: ein starkes Team. Kolleginnen und Kollegen, die gemeinsam an dem Ziel arbeiten, die Welt durch neue Ideen und Innovationen voranzubringen, sind unverzichtbar. Nur das Zusammenspiel unterschiedlicher Perspektiven, Erfahrungen und Stärken auf der einen und der enge Austausch untereinander auf der anderen Seite, schaffen Raum für Kreativität und ebnen den Weg für Neues. Eine positive Grundeinstellung und die Fähigkeit, Rückschläge nicht als Niederlage, sondern als Lernmöglichkeit zu verstehen, helfen dabei, motiviert zu bleiben, seinen Weg fortzusetzen und gesteckte Ziele weiterzuverfolgen. Das setzt Durchhaltevermögen, aber vor allen Dingen auch die Freude an der eigenen Arbeit sowie der Zusammenarbeit mit anderen Menschen voraus. Mein Ziel ist es, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der genau das möglich ist – in der wir als Team mit Motivation, Inspiration, Vertrauen und guter Kommunikation nicht nur zusammenwachsen, sondern auch viel erreichen und zum Erfolg des Instituts beitragen.

 

Worauf freuen Sie sich in Ihrer neuen Position?

Ich freue mich darauf, mit den Kolleginnen und Kollegen der Business Unit sowie des gesamten Instituts den wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erfolg des Fraunhofer ENAS weiter auszubauen. Dabei möchte ich sowohl zur positiven Wahrnehmung exzellenter Wissenschaft als auch zu einem positiven Eindruck der Stadt Chemnitz als herausragendem Innovations- und Technologiestandort beitragen. Mich ehrt es, dass ich die Bekanntheit des Fraunhofer ENAS bei Industriekunden, seine Spitzenleistungen in der Forschung und seine Innovationskraft in Zukunft aktiv mitgestalten darf.

Bezogen auf die Business Unit »Process, Device and Packaging Technologies« freue ich mich darauf, dem Thema MEMS weiter Gewicht zu verleihen, unsere Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet weiterzuentwickeln und neue Anwendungsfelder für die miniaturisierten Bauelemente zu erschließen. Mit großer Spannung blicke ich zudem auf das Thema Quantencomputing, weil es etwas Faszinierendes hat, an einer technologischen Revolution mitzuarbeiten, die das Potential hat, unser Leben auf vielfältige Weise positiv zu verändern.

Persönlich freue ich mich darauf, die Kulturhauptstadt Chemnitz und die Region Sachsen kennenzulernen. Nach fast 30 Jahren Berufserfahrung, die mich in viele Regionen Deutschlands geführt hat – vom Norden bis in den Süden – habe ich nun die Gelegenheit, auch den Osten Deutschlands zu erkunden und das nicht nur landschaftlich, sondern auch kulturell und gesellschaftlich. Ich bin gespannt auf die neuen Erfahrungen und darauf, die Region als meine neue berufliche und persönliche Heimat zu entdecken.

 

Vielen Dank, Herr Müller, für dieses Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und einen guten Start in Ihrer neuen Funktion als Leiter der Business Unit »Process, Device and Packaging Technologies«.

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