Nahfeldmessungen mit dem NFS3000 zur elektromagnetischen Charakterisierung von Bauteilen und Systemen
Das Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme ENAS stellt auf der diesjährigen SENSOR+TEST in Nürnberg einen Nahfeldscanner mit einem hochgenauen Positionierungssystem und einem großen Verfahrbereich vor.
Durch die immer weiter voranschreitende Digitalisierung gibt es heute einen enormen Zuwachs an elektronischen Geräten im privaten, öffentlichen oder industriellen Bereich. Mit dem »Internet of Everything« und der damit steigenden Vernetzung lassen sich Daten unterschiedlichster Anwendungen miteinander verknüpfen und versprechen hierbei einen Gewinn an nutzbaren Informationen. Dabei lassen sich drei wesentliche Tendenzen in der Entwicklung solcher Geräte erkennen. Die Elektroniksysteme werden immer kleiner, die genutzten Frequenzbänder werden noch größer und die Anzahl der Funkschnittstellen und -protokolle nimmt weiter zu. Die Untersuchung der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) gewinnt mit dieser Entwicklung an Bedeutung. Durch die flächendeckende Verbreitung von Geräten kommt es zunehmend zu sowohl Fernfeld-, als auch Nahfeldkopplungen zwischen den Komponenten. Stören sich unterschiedliche Systeme durch solche unerwünschten Kopplungen gegenseitig, kann es zu Ausfällen kommen und im Ernstfall können durch Fehlfunktionen andere Systeme oder sogar Personen Schaden nehmen. Das Problem hierbei ist, dass die Fehlerquellen in der elektromagnetischen Verträglichkeit oftmals schlecht bis gar nicht in den Baugruppen lokalisiert werden können und damit beginnt die Suche nach der Ursache.
Mittels Nahfeldmessungen lassen sich elektrische und magnetische Felder lokal aufgelöst wenige Millimeter bis Zentimeter über dem Testobjekt sichtbar machen und somit unter anderem für Analysezwecke und Fehlersuche nutzen. Dazu werden für jede Feldkomponente angepasste Nahfeldsonden verwendet. Mit einem Robotersystem wird das Testobjekt in einem vorher festgelegten Raster im Empfangsbereich der Sonde bewegt und es entsteht ein räumlich abgetastetes Feldbild des Objektes. Ein solches System zur elektromagnetischen Nahfeldmessung ist der NFS3000. Entwickelt wurde dieser am Standort Paderborn des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Nanosysteme ENAS. Eine der Besonderheiten dieses Messsystems ist, dass sich durch ein hochgenaues Positionierungssystem Messungen mit einer Verfahrgenauigkeit von einem Mikrometer realisieren lassen. Dadurch können auf der einen Seite die lokalen Abstrahleigenschaften integrierter Schaltungen sichtbar gemacht werden. Auf der anderen Seite hat das Messsystem einen maximalen Verfahrbereich von 80 cm x 50 cm x 50 cm (XYZ) und kann somit ganze Systeme elektromagnetisch charakterisieren. Vergleichbare Nahfeld-Scanner haben entweder eine kleine Schrittweite oder einen großen Messbereich. Mit einer phasenbezogenen Messung magnetischer und elektrischer Felder von bis zu 2,7 GHz und einer reinen Amplitudenmessung bis 6 GHz können Systeme aktuell bis in den W-LAN- und Bluetooth-Bereich charakterisiert werden. Geplant ist der Ausbau des Systems auf bis zu 80 GHz, um für zukünftige 5G- und Radaranwendungen gerüstet zu sein.
Die Messdaten, die mit dem NFS3000 entstehen, können im Anschluss auf unterschiedliche Weise weiterverarbeitet und genutzt werden. Ein naheliegender Verwendungszweck ist die Analyse der Felder über dem Testobjekt, um ungewünschte Abstrahlungen zu detektieren und zu lokalisieren. Diese entstehen beispielsweise wenn der Entwickler ungewollt Schwingkreise und Schleifen in das Layout implementiert, die bei bestimmten Leitungsgeometrien unbewusst zu Abstrahl-Hotspots führen. Bauteile, die nicht korrekt funktionieren, können in unerwartete Frequenzbereiche ausstrahlen oder es treten Überkopplung im System auf. Mit Hilfe der Messergebnisse können aber auch EMV-Messungen, so wie sie in der Zertifizierungsstelle durchgeführt werden, abgeschätzt werden. Dabei werden die Nahfelddaten in ein Simulationsprogramm importiert und in das Fernfeld extrapoliert. Dadurch lässt sich auch die Richtcharakteristik von Antennen bestimmen. Zum dritten können die Messergebnisse in elektromagnetische Feldsimulationstools als Quelle importiert werden, um somit weitere Analysen durchführen zu können. Dazu zählen Auswirkungen der Feldverteilung auf Gehäuse, die Effektivität von Abschirmmethoden oder das Überkoppeln auf andere Systeme und Komponenten in der Nähe.
In der Gesamtheit seiner Funktionen und mit der Anbindung an Simulationstools ist der NFS3000 ein ideales Messinstrument, um entwicklungsbegleitend die EMV-Analyse und -Entstörung der Komponenten vornehmen zu können. Dabei reicht das Angebot von der einfachen Messung von Geräten als Dienstleistung für Entwickler bis hin zur Kombination der Messungen mit Simulationen in Forschungs- und Industrieprojekten. So können zum Beispiel in frühen Phasen der Hardwareentwicklung Parameterstudien durch Messungen und Simulationen durchgeführt und begleitet werden, um Systeme mit optimalen Eigenschaften zu erhalten.
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